Ich mir gestern auch. Live und in Farbe ... und im Backofen Frankfurts bei Temperaturen zwischen 33 und 39 Grad im Schatten. Ich war aber die ganze Zeit in der Sonne!
Aus sozialen Gründen sowie zur eigenen Motivation hatte ich mich schon vor Wochen als Helfer zur Verfügung gestellt. Weil ich Samstags bis 23 Uhr arbeite und Montags ab 5 Uhr, musste es eine passende Einsatzzeit sein.
Und so kam es, dass ich von 10:30 - 17:30 Uhr in der zweiten Wechselzone (T2) als "Catcher" sowie "Läufer" im Radteam im Einsatz war. Das heißt konkret:
CATCHER: In einer Reihe mit ca. 15 anderen aus dem Team am Zielstrich warten, der das Ende der Radstrecke markiert, und den hereinkommenden Athleten das Rad abnehmen, ihnen ggf. den weiteren Weg in die Wechselzone und zu ihren Beuteln zeigen, das Rad im Spurt in den "Bike-Park" bringen und dort den "Läufern" übergeben. Zurückspurten, den nächsten Athleten/die nächste Athletin in Empfang nehmen, losschieben...
Daneben auch jenen Athleten, die z.T. noch vor der 2. Radrunde oder am Ende der 180 km durch eine waagerechte Handbewegung ihre Aufgabe andeuteten, auch das Rad abnehmen und das weitere Procedere erklären: "You want to quit? I feel with you. Please give me your bike - I keep it safe in the bike park and return it to you at the bike checkout time at 5:30 p.m. ... Please go to the Penalty box and give a notice to the race officials, that you quit the race. There is also medical help available."
Es ist schon bitter, wenn man sieht, dass die Athleten aus Argentinien, Schottland, Taiwan, Japan, USA etc. anreisen, um bei diesem Megaevent dabei zu sein und aufgeben müssen, weil es einfach nicht mehr geht.

"Too hot! It's terrible!" hörte ich dann desöfteren.
LÄUFER: Das Rad bzw. die Räder der "Catcher" annehmen und zu den vorbezeichneten Ständern bringen. Da ca. 3200 Athleten gemeldet waren und die Ständer im Bike-Park sich weit, weit nach hinten zogen, war man bis zu 400 m unterwegs, um das Rad an seinen richtigen Stellplatz zu bringen. Dann wieder nach vorne rennen, das nächste Rad, nein, die nächsten Räder nehmen ...
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Am Anfang war alles recht ruhig, es tröpfelte nur vor sich hin. Ich hatte die Räde von manchen Profis in den Händen, u.a. von der späteren Siegerin Daniela Ryf (SUI). Mit dem breiten Feld wurde es dann aber FAST hektisch. Kein Athlet sollte Zeit verlieren, weil ihm niemand das Rad abnahm, und die gut 40 "Läufer" kamen kaum hinterher, die angelieferten Räder wegzubringen. Sellbst die "Pufferzone" platzte bald aus allen Nähten. Tempo war angesagt, dabei äußerste Vorsicht mit den edlen Rennern, die bis zu 10.000 EUR wert waren.
Etwa alle 3/4 std. nahm ich mir eine kurze Auszeit von wenigen Minuten, trank reichlich, futterte ggf. eine Kleinigkeit, wässerte Mütze und T-Shirt und dann gings wieder raus...
Vom Rennen der TOP-Athleten bekamen wir fast gar nichts mit, nur der Hubschrauber über uns deutete an, wo die Spitze wohl war. Dass "Frodo" am Ende der Radstrecke bei uns rund 6 min Vorsprung hatte (und als der klar bessere Läufer ggf. "Sebi" galt), war der Ausgang bei den Männern vorgezeichnet. Aber dass wir hinterher erfuhren, dass sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen der Streckenrekord gepurzelt war, hat uns staunen lassen.
Um 17 Uhr war "Cut-off-time". Danach kamen nur noch ein Dutzend Athleten an, die ihren Wettkampf nicht mehr fortsetzen durften. Noch schnell die letzten Räder zu ihrem Standplatz in Offenbach schieben (von uns so genannt, weil soooooo weit weg und die Beine soooo müde

), und dann wurden wir um 17:30 h verabschiedet, das nächste Helferteam kam zum Bike-Checkout.
Dann schnappte ich mir Rucksack und Fotoausrüstung und begab mich an die Laufstrecke, wo die Läufer tapfer durch die gluthitze ihre 4 Runde zu je 10,5 km abspulten. Anfeuern, Getränke reichen, an den "Hotspots" Fotos machen ... und immer wieder staunen, was die Athleten alles auszuhalten imstande waren.
Leider begegnete mir auf der Laufstrecke auch ein Triathlet aus London, der nach 7 Meilen (ca. 1 Runde) nicht mehr konnte und aufgab. Neun Monate hatte er hart trainiert, und nun: "Too hot"

Ich brachte ich ihn erst zum Sani, dann zu seiner Familie, die am "Eisernen Steg" (die Fußgängerbrücke über den Main heißt wirklich so!) auf ihn wartete und den Enttäuschten in die Arme schloss.
Zwischendrin auch ein Gang über die Messe, dieses und jenes anschauen, dieses und jenes Getränk nehmen... Und dann ab zur Zielgasse. Staunen: Der rote Teppich ist erstmals nicht Sparkassen-rot,

sondern Mercedes-V-Klassen-schwarz

. Natürlich mit den überdimensionalen roten M-Dots drauf ... und silbernen Mercedes-Sternen.
Und wenn die Athleten dann endlich, mit 4 bunten Haargummis am Handgelenk, in die lange Zielgasse einbogen, um die letzten 200 Meter zu laufen, dann entfaltete sich ein akustischer Orkan aus Rufen, Jubelschreien, Glockenbimmeln, Trillerpfeifen, Rasseln, dass man sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Absolute Gänsehautatmosphäre !
Ich bin dann weiter Richtung Tribünen am Römerberg gegangen, direkt am Frankfurter Rathaus, und habe gesehen und gehört, wie die Athleten scheinbar von aller Qual und Müdigkeit spontangeheilt, z.T. hüpften und tanzten, die Stimmung in sich aufsaugten und vom Sprecher die entscheidenden Worte vernahmen, wenn sie die Ziellinie überquerten. Zum Beispiel so:
"Philipp Sowieso aus Stockholm ist da. Phantastisch! Ein nordischer Kämpfer !
Philipp, YOU ARE AN IRONMAN!"

Die riesengroße Medaille umgehängt, für jeden Athleten einen liebevollen Glückwunsch, ein paar Fotos und eine persönliche Betreuung bis zum "Athlete's Garden", in dem man sich erholen und all das tun kann, was nach so einem hammerharten Wettkampf nötig ist. Manche benötigten auch gleich nach der Ziellinie medizinische Unterstützung, die SOFORT zur Stelle war. Etwa 20 Krankenwagen aus ganz Hessen standen direkt im Nach-Zielbereich.
Mein persönliches Fazit:
Obwohl ich jetzt das vierte Mal in Frankfurt dabei war, war es diesmal doch eine ganz besondere Erfahrung. Die ich nicht missen möchte. Mitgebracht habe ich auch ein kartoffelsackgroßes Helfershirt, einen Helferrucksack mit dem M-Dot und einen ordentlicher Sonnenbrand, der sich genau auf den beim Eincremen vergessenen Arealen der Schulter ausbreitete.

Und natürlich jede Menge Fotos, von denen ich gerne demnächst hier ein paar einstellen kann...