Die einsamen Zwei
Ein Do-Tag und kaum jemand hat Zeit. Das gab es noch nie in unserer laufverrückten Sparte. Dabei hatte Nacht-Taxi-Peter (Respekt!) einen so guten Lauf-Vorschlag gemacht, der insbesondere mich interessierte, weil ich stets auf der Suche nach Ecken in der Stadt bin, die ich zwar meist als gelernter und ausgebildeter Berliner kenne (na ja, in über 80 Jahren Nord-, Ost-, Süd- und West-Berlin*), jedoch laufspezifisch gerne Anregungen aufgreife, wo mich mein Schritt noch nicht hingeführt hat. So war es heute.
Demnach Dank an den Ideen-Geber. Es ist wie bei einer guten Kochrezeptvorgabe. Ich mache das und denke, aha, gib mal deine eigene Note dazu. So auch hier, was nichts an der eigentlichen Urheberschaft zweifelhaft macht oder sich gar ausweitet zu „schmückt sich mit fremden Federn.“ Weit gefehlt, denn der alte Spruch „nichts ist so gut, als dass es nicht noch weiter verbessert werden kann“, ist zulässig und regt weiter an, darüber nachzudenken. So sehe ich das jedenfalls.
9:30 Uhr, ein Termin, der vorbehalten ist für Freelancer (freie Mitarbeiter), Un-Ruheständler*innen oder Zeitlogistiker*innen, die es möglich machen können, um diese Zeit Sport zu treiben. Noch niemals hat es Berichte gegeben, in denen darüber geklagt wurde, dass ein Lauftreff überfüllt war. Eher das Gegenteil. Damit eine Lauf-Aktion überhaupt stattfinden kann, muss allerdings die Mindestteilnehmerzahl von 1 erfüllt sein. Oder gibt es Läufe, die mit 0 oder etwa noch weitere keine Teilnehmer*innen stattfinden? Glücklich ist, wer von sich sagen kann, ich mache das, ganz ohne Wenn und Aber. Habe ich, in der stillen Hoffnung, vielleicht doch noch etwas Zuspruch zu erhalten.
Treffpunkt Schlossbrücke/Charlottenburger Ufer/Spree. Zum Auto-Parken denkbar schlecht, wie überall. Trotzdem, wer 5 Minuten Fußweg bis zum innerstädtischen Verabredungspunkt in Kauf nimmt und über ein bisschen Spürsinn verfügt, dem gelingt es, sich ordnungsgemäß irgendwo reinzudrücken und den Termin einigermaßen (plus/minus 5-10 Min., soviel Kulanz muss sein) einzuhalten. Und welche Überraschung, da kam sie, Hildegard, die einzige weit und breit.
Ohne auf die Uhr zu schauen, liefen wir los. Die Brücken-Ecke an der Spree, Tegeler Weg/Mierendorffstr. Kennt jeder, aber den Weg entlang der Spree bis zum Verbindungswasserkreuz Spree/Charlottenburger (Verbindungs-)- und Landwehrkanal, na? Den wohl eher nicht. Wir liefen ihn trotz kurzer Baustelle, die bald aufgehoben wird. Abseits vom dicken Straßenverkehr kehrt schnell Stille ein, das bisher noch nicht belaufene Gebiet ist durchaus annehmbar. Und Neues ist zumindest immer interessant. Wir liefen bis zum Westhafenkanal, konnten ufergegenüber den rauschenden Autobahnverkehr sehen, aufgrund günstiger Windverhältnisse jedoch nicht hören. Ein Segen.
So war es genüsslich, als wir die Schneckenbrücke (Goedelersteg) überquerten und in die große Kleingartenwelt „Frischer Wind“, „Heimat“, „Sonnenheim“ und „Weidenbaum“ eintauchten. Sofort war sie spürbar – die frische Luft. Mein Resümee: Berlin ohne Laubenpiepersiedlungen würde im CO²-Dreck ersticken und wehe, der alte THF wird auch noch bebaut. Die kleinen Wege zu belaufen, machte Spaß. Wir ließen uns viel Zeit, weil ich nicht gut drauf war, trotzdem aber nicht im Missmut landete.
Der Uferweg bis zum Dreieck Charlottenburg, wo auch die Spree die Biege nach Spandau macht, war für uns ein Novum. Mühelos gelangten wir am Spreeufer bis zur Übergangsbrücke in den Schlosspark Charlottenburg, in dem ganze Scharen von Gartenkosmetiker*innen arbeiteten und zu unserer Freude alles wunderbar herrichteten. Der Blick auf das Schloss selbst mit dem Blick über die davor liegende „Versailles-Parkgarten-Fassade“ ist eine Pracht, an der sich bald alle Besucher die Augen reiben können. Unser Ziel war nach 10,4 km erreicht. Alle, die nicht dabei waren, dürfen Hildegard und mich beneiden (!), ein Donnerstag nach unserem Geschmack. Vortrefflich, weil wieder anders.
Horst
*) Anmerkung:
Kein Ossi, kein Wessi, eher ehemals Nordi und seit 40 Jahren Südi. Äääh, Ekel, mich kotzt dieses ewige Abgrenzen an, speziell in unserer gemeinsamen Stadt, wie ich sie immer (auch in der Teilung) empfunden habe. Berlin ist Berlin, und zwar zusammen. Basta.