Im Westen nichts Neues - oder doch?
Wären wir Sangesfreudige, dann hätten wir intonieren müssen, „Jetzt fahr`n wir übern See, übern See, jetzt fahr`wir übern See“, hin nach Kladow geht die Fähre „Wannsee“ stündlich zur vollen Stunde und zurück jeweils 31 Minuten später. Gerne hätte ich an dieser Stelle den Noten- oder Violinschlüssel eingefügt, aber Sakra noch mal, finde den aber nicht unter der Rubrik „Einfügen“. Nun, es geht auch ohne, zumal ja nicht gesungen wurde. Die Freude jedoch, am gestrigen Tag, endlich wieder einmal im westlichsten Berliner Stadtteil Spandau/Kladow/Gatow zu laufen, war sichtlich vorhanden. Zwanzig Minuten braucht das Schiff von A nach B. 4 km sollen es sein, das ergibt einen Schnitt von 12 km/h, früher einmal ein lockeres Trainingstempo auf festem Boden. Da uns die göttliche Gabe „Übers Wasser laufen“ nicht gegeben wurde, sitzen wir, brav mit Maske versehen, in der Sitzbankreihe und nehmen vorüberfahrend die Ufergefilde des Wannsees wahr, schauen wasserseits auf das Strandbad Wannsee (die Strandkörbe sind bereits eingesammelt und deponiert) und zur linken Seite winken wir dem Flensburger Löwen zu. Wenig später und kurz vor der Anlandung kommt das Eiland Imchen heran, das sich zur kotbekleckerten und unter Naturschutz stehenden Kormoran - Kolonie entwickelt hat.
Sekunden danach macht das Schiff am Steg in Kladow fest, wir steigen aus, andere steigen ein. Da steht Gert und nimmt Rainer, Marion8, Kristina, Marita, Iki und Horst in Empfang. Kein Regen, leichter Wind, gutes Laufwetter. Rainer muss passen, hat ein Fußwehweh und die Träne im Knopfloch, langwierig, schade. Demnach 2-Männer-Randgruppe geführt von 4 Damen nach Weisung von Gert. Wir sind eine echte Lauf-Demokratie ohne jegliche Vorbehalte. Das sollte die Regel sein, selbstverständlich.
Nun, die Beschreibung, fällt mir schwer. Erst einmal Imchenallee nach Norden Richtung Gatow, einmal quer links über den Kladower Damm, rechte Hand das Krhs. Havelhöhe, links an der Steinhoff- Kaserne vorbei, ab in den Wald mit der Bezeichnung Gatower Heide und den Hellebergen. Ja, ja, Heide, von wegen flach, genau das Gegenteil, krauchende Anstiege und das Schöne, es geht auch wieder abwärts. Nichts anderes als wir es vom Grunewald her kennen. Der Unterschied jedoch ist merklich. Auf der gesamten Tour, die allerdings, ich sag`s jetzt schon, ziemlich kurz geschnitten war, kam uns nicht ein einziges Mal eine wandernde, pilzsammelnde oder sogar radfahrende Person entgegen. Nichts, rein gar nichts, nicht mal ein Fuchs. Einsam und still war es, wenn, ja wenn unsere Plappermäulchen nicht ständig in Bewegung gewesen wären. Das ist kein kritischer Negativ, sondern mehr zur Tatsache gelenkt, dass wir mehr und mehr in den Blumenpflückerbereich aufrücken, wo es gilt, die eine oder andere und manchmal auch noch die dritte oder vierte kleine Pause einzulegen. Ich finde das durchaus in Ordnung, nur nicht ganz so oft.
Ganz sicher war es ein wunderbarer Spaß, schon aus dem Gefühl heraus, dass niemand einem Zwang, einer Leistung oder dem Zeitdruck verpflichtet war. Als wir dem Wald den Rücken kehrten, stand das letzte Stück unseres Laufweges längs der Havel heran. Vom ehemaligen Gutshof, jetzt Gutspark Neukladow, in dem etliche kulturelle Veranstaltungen (Konzerte unterm Sternenhimmel, Lesungen, Vernissagen und Seminare) stattfinden, wieder zurück zur Imchenallee, wo wir in Gerts Auto unsere Wechselsachen untergebracht hatten.
Damit nun wenigstens 10 km aufgeschrieben werden konnten, war ein kleiner Schwenk an der Hafenmole notwendig. Dann erst zeigte mein Chronometer 10,3 km an. Dass dann der mitgebrachte Kuchen plus Kaffee verdient war, kann ich nicht unbedingt bestätigen. Ich lasse das als milde Nachsicht einfach mal so stehen.
Ob es nun wirklich Neues gab, blieb an diesem Tage offen. Dass Kladow im Südwesten von Berlin liegt, ist doch eine alte Kamelle. Aber schee war`s allemal.
Horst